Gazprom verkauft Beteiligung am lettischen Gasanbieter - Russisches Unternehmen akzeptiert erstmals EU-Spielregeln auf dem Energiemarkt



Damit setzt Latvijas Gaze eine Forderung des dritten Energiepakets der Europäischen Union um, demzufolge Pipelinebetreiber nicht gleichzeitig auch Lieferanten sein dürfen. An dieser Forderung scheiterte zuletzt Ende 2014 das Pipelineprojekt South Stream. Über den South Stream sollte russisches Gas durch das Schwarze Meer nach Europa transportiert werden.
Es ist nicht das erste Mal, dass der russische Gasmonopolist eine solche Konsequenz zieht, wie Beobachter erinnern. Bereits 2012 musste sich Gazprom auf Forderung der Europäischen Kommission aus dem litauischen Energieunternehmen Lietuvos dujos zurückziehen. Dort hielt Gazprom 37 Prozent der Anteile. Gegen die Entbündelung bei Lietuvos dujos hatte Gazprom bei der Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht zunächst geklagt, doch die Auseinandersetzung nicht fortgesetzt. Stattdessen verkaufte der russische Konzern seine Anteile für 164 Millionen US-Dollar.
Gazprom bleibt jedoch weiter auf dem baltischen Energiemarkt präsent – als Lieferant. Mitte März führte das Tochterunternehmen Gazprom Export, das für die Abwicklung des kompletten Auslandsgeschäfts verantwortlich ist, für das Baltikum die erste Gasversteigerung durch. 420 Millionen Kubikmeter wurden dabei verkauft, was etwa zehn Prozent der jährlichen Gaslieferungen in diese Region entspricht. Im Jahr 2015 lieferte Gazprom Export in die baltischen Staaten vier Milliarden Kubikmeter Gas.
Gazprom ist offenbar bereit, sich den neuen Regeln auf dem europäischen Energiemarkt anzupassen. "Das dritte Energiepaket verändert die Spielregeln auf dem europäischen Gasmarkt. Es zielt darauf ab, die Monopolstellung einiger Akteure sowohl im gesamten Europa als auch in jedem einzelnen Staat der EU zu verhindern", erklärt Alexej Kalatschew. Der russische Energieriese stehe vor der Wahl: Er könne entweder versuchen, diesen neuen Regeln zu trotzen und dagegen anzukämpfen, oder sie hinnehmen und sie zum eigenen Vorteil nutzen.
Zudem könne die Entscheidung des Energieunternehmens aus Russland die Entscheidung der EU-Kommission in Bezug auf das geplante Pipeline-Projekt "North Stream 2" beeinflussen, meint Ilja Balakirew, Chefanalyst bei UFS IC. Die Gaspipeline mit einer Kapazität von 55 Milliarden Kubikmeter soll russisches Gas durch die Ostsee nach Deutschland transportieren. Nach der Fertigstellung des ersten von zwei neuen Strängen wird das Liefervolumen nach Deutschland um 50 Prozent auf 110 Milliarden Kubikmeter jährlich steigen.
Georgij Waschtschenko, Leiter der Verwaltung von Operationen auf dem russischen Fondsmarkt bei der Kapitalanlagegesellschaft Freedom Finance, meint, dass Gazprom letztlich gar nichts anderes übrigbleibe, als den Pipelinebetrieb in Europa Partnern zu überlassen: "Es ist nicht auszuschließen, dass der Kampf gegen Monopole weitergeführt wird." Daher müsse das Unternehmen seine Stellung als Gaslieferant weiter stärken